STÄRKEN UND SCHWÄCHEN
Wie Ihnen ein härziges Hobby ein richtige Ei legen kann


Es gibt sinnreiche BeWerbungsratgeber, die geben Ihnen den Unrat, Stärken und Schwächen in den Lebenslauf zu schreiben. Solche Selbstoffenbarungen finde ich oft in Lebensläufen, aber was soll das? Ich rate zur Vorsicht! Heben Sie sich das besser fürs Vor-stellungsgespräch auf. Sie wissen nie, wie's ankommt.

Und wenn, dann schreiben Sie nur Ihre Stärken auf, bei den Schwächen ist wirklich alleräusserste Vorsicht geboten. Vielleicht legen Sie sich ein Kuckucks-Ei und produzieren ein Killerkriterium. Lassen Sie's also besser bleiben, auch wenn Ihnen irgendwelche Tiefenpsychologie-Fetischisten dazu raten!

Wenn Sie Stärken notieren, dann müssen sie zur Stelle passen und orginell formuliert sein. Sie müssen wirklich als Verstärker wirken! Gut gemacht, kann das natürlich schon was bringen! Z.B. würde mir eine Buchhalterin gefallen, die schreibt:

Stärken: Ordentlich, schnell, ausgesprochen zahlenorientiert
Schwächen: Manchmal fast pedantisch, eher introvertiert

Das hört sich für mich als Buchhaltungs-Phobiker richtig gut an, gerade auch die Schwächen. Habe mir schon immer eine Buchhalterin gewünscht, die meine Zahlen pedantisch genau im Griff hat und möglichst nicht viel davon spricht.

Vermeiden Sie dringend Gemeinplätze wie dynamisch und teamfähig: Heute sind wir doch alle so was von teamfähig, sooo dynamisch und soooooo kundenorientiert, ei-der-daus. Kein Chef bezeichnet sich als autoritär-direktiv-militärisch, alle sind sie doch soooo lieblich und einfühlsam, verstehen sich nur noch als Coach ihrer MitarbeiterInnen, und alle führen nur mit Zielvereinbarung.

Wenn das so wäre, gäb's nur noch dynamische und teamfähige MitarbeiterInnen und liebenswerte, höchst erfolgreiche Chef-Innen, er gäb keinen Streit im Betrieb, schon gar kein Mobbing, keine liegengebliebenen Papierberge, keine unzufriedenen Kunden und schon gar keine Bilanzfälschungen oder Grossfusionen. Tse tse tse. Die Realität sieht bekanntlich leicht anders aus.

Wenn Sie in Ihre BeWerbung Stärken einbauen, dann geraten Sie – denken Sie daran – mit grosser Wahrscheinlichkeit in Beweis-pflicht: Der Personalmensch wird Sie im Interview fragen, wieso Sie meinen, Sie seien durchsetzungs- und führungsstark, wann haben Sie denn Ihren Durchhaltewillen bewiesen, aufgrund wovon halten Sie sich für teamfähig usw.? Dann wirds schwierig, v.a. wenn Sie auf solche Rückfragen nicht gefasst sind. Aber die kommen natürlich wie das Amen in der schönen Kirche.

Wenn Sie unsicher sind, dann heben Sie sich solche Angaben wirklich lieber fürs Vorstellungsgespräch auf. Und bereiten Sie sich entsprechend vor. Viel ehr dazu im Kapitel Vorstellungsgespräch oder im Buch ab Seite 122.

Hier jedoch schon ein paar Hinweise zum Thema Hobbys.

Hobbys können Aufschluss geben über Sie als Person und sind deshalb für Personalmenschen sehr interessant. Das sind Softfacts par excellence. Aber auch hier: Passen Sie auf, denn Sie könnten sich vielleicht schaden. Schauen Sie, dass die Hobbys zum Job passen und nicht allenfalls Erwartungen und etablierten Klischees diametral widersprechen. Passen Sie auch auf mit allzu exotischen Hobbys. Was halten Sie von einem Buchhalter, der leidenschaftlich gerne Bungee jumping macht und extremes Free Style Snow Boarding betreibt? Oder von einem Front-Verkäufer, der Schiffsmodelle baut, Briefmarken und Kaffeerahmdeckeli sammelt? Das passt doch irgendwie nicht? Eben!

Ein BeWerber schrieb als Hobby “Kasperli-Theater”. Ein tolles Hobby, gell? Nein, wirklich! Ich geriet ins Tagträumen an meine Kindheit, dachte an das böse Krokodil und die Kas-perlirätsche – päng. Und dann war's passiert. Statt über seine Eignung für die Stelle nachzudenken, dachte ich darüber nach, wie er Kasperlitheater spielt.

Und ich zeigte die BeWerbung meinen MitarbeiterInnen und allen ging's gleich: Zuletzt war der arme Mann für uns nur noch der “Chasperli”. Wir gaben uns zwar alle Mühe, das zu vergessen, aber es ging nicht. Immer kam einer mit einem Chasperli-Spruch. Und das war nicht gut für seine BeWerbung. Es war wohl auch nicht seine Absicht.

Ähnlich ging's Graf Tarantula: Ein anderer BeWerber schrieb “Spinnenzucht”. Auch ein tolles Hobby, gell. Assoziation: Haarige Vogelspinne, Tarantel, Spinnenbiss, Gift, geschwollene Beine, Tod durch Ersticken mit Schaum vor dem Mund, autsch, grusel, ekel. Ich musste mir die Kravatte lösen, bevor ich weitermachen konnte...

Für unser Team war der Arme bald mal Graf Tarantula (wir sind manchmal eben ein bisschen gemein). Eine arachnophobe* Personalberaterin konnte nicht mal mehr das Dossier in die Hand nehmen. Und wir hatten Angst, ihn einzuladen, er könnte ja eines seiner Schnuggimäuschen in der Hosen-tasche haben...

* arachnophob heisst: Eine 5 Gramm schwere Spinne kann einen 70 Kilo schweren Menschen (Faktor 14'000) in besinnungslose Panik versetzen.

Und die Moral:
• Denken Sie immer an die Wirkung bei allem, was Sie denken, sagen und tun.
• Verzichten Sie vielleicht lieber mal auf den Verweis auf Ihr allzu exotisches Hobby, denn...
• ...der Personalmensch beschäftigt sich eine beschränkte Zeit mit Ihrem Dossier. Er soll sich doch nicht mit Spinnen und Kaspern, sondern mit Ihrer beruflichen Qualifikation beschäftigen.
• Auffallen ist super – aber mit dem Wesentlichen!

Damit ich Sie nicht immer aufs Buch vertrösten muss, doch noch ein paar Details zum Thema "Referenzen" im Lebenslauf.

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