VON ACCESSOIRES BIS HÄNDERDRUCK
... und sonstigen Kleinigkeiten.


Jetzt sind Sie gewappnet für glanzvolle Vorstellungsgespräche. Wir sind soweit, Ihnen den letzten Schliff zu verpassen und an die kleinen Teufel zu gehen, die in den Details stecken. Das Gelingen eines Vorstellungsgespräches, das über Jahre Ihrer beruflichen Zukunft, Ihrer Karriere, Ihres Lebens entscheidet, hängt oft von unheimlich unwichtigen Nebensächlichkeiten ab. Ich sage Ihnen, oft haben sich mir die Haare gesträubt, weshalb Personalmenschen eine Absage erteilt haben, z.B.:
Vor dem dritten, abschliessenden Gespräch hatte ein hervorragender Verkaufsingenieur die blödsinnige Idee, sich einen kleinen, gar güldenen Ring an sein Ohrläppelchen montieren zu lassen. Er war fast 40. Ich persönlich find' das ja richtig süss, sieht nach Peter Pans Piratenkäptn aus. Aber welche Firma schickt ihn noch an die wichtigste Front, in den Verkauf, zu den Kunden? Ich sage Ihnen: KEINE! Ausser eine für Piercings und Tatoos. Wegen dieses mickrigen Midlife-Crisis-Kompensatörchen am Öhrchen war er den neuen Job und ich die Provision los. Schöner is' er damit auch nich' geworden!

Achten wir also auf die Details und fangen wir ganz vorne an:

Pünklichkeit
Logisch, dass der Schweizer damit kommt, gell? Aber so ist es nun mal: Seien Sie pünktlich, nicht nur in der Schweiz! Nicht zu spät und höchstens fünf Minuten zu früh. Der Personalmensch hat seinen Tag geplant, er hat den Termin mit anderen Gesprächspartnern abgestimmt. Mit Ihrer Verspätung lösen Sie ein Domino in der Agenda aller Beteiligten und einen multiplen Filter für sich selbst aus! Rechnen Sie also genügend Zeit ein für eine präzise Ankunft.

Es ist immer wieder schön, so einem hechelnden, runtergehetzten und vor Schweiss triefenden BeWerber das pitschnasse Händchen zu schütteln. Und dann der dezente Griff zum Kleenex...

Wenn Sie sehen, dass es zeitlich eng wird, dann rufen Sie doch an und erklären Sie es: Stau, Zug entgleist, Oma gestorben etc.! Wofür haben wir denn die Dinger – Handys meine ich, nicht Omas!

Eine halbe Stunde zu früh ist übrigens auch nicht gut. Erstens sieht's so aus, als hätten Sie wirklich nichts anderes zu tun, und es wirkt unsicher und nervös. Zweitens werden Sie wirklich nervös, wenn Sie eine halbe Stunde in der Reception rumsitzen.

Grundeinstellung
Sie gehen nicht in einen Boxkampf, nicht vergessen, sondern in ein Gespräch mit anderen Menschen. Bringen Sie sich deshalb in Stimmung! Sagen Sie sich, wenn nötig 1000 Mal, dass Sie sich selbst und den Personalmenschen, die Welt und das Leben ganz einfach super finden. Locker, kommunikativ, offen, ehrlich und bestens gelaunt – so geht man ins Vorstellungsgespräch!

Lächelnd, freundlich und zuckersüss
Wie Sie in den Wald hineinlächeln, so lächelt's heraus. Das wohlwollende, anerkennende Lächeln eines anderen Menschen kann Sie in Hochstimmung versetzen, oder? Ein Anker pur. Das Lächeln des anderen aber, das lösen immer Sie aus. Wer niemanden angrinst, sieht nur böse Gesichter. Es hängt an Ihnen!

Wir haben Fälle erlebt, da hat die Sekretärin ein Nein bewirkt, weil sie sich von oben herab behandelt fühlte. Geht aber der Vorzimmerherr nach Ihrem Gespräch zur Chefin und fragt “Was war denn das für ein putziger Mensch da eben?”, dann haben Sie ganz schwer gepunktet, es sei denn, die Chefin hasst das Vorzimmerherrchen.

Viele Personalmenschen fragen ihre MitarbeiterInnen nach ihrer Meinung und achten auf deren Urteil. Seien Sie deshalb und überhaupt einfach nett und freundlich zu allen und jedem. Sie haben selbst am meisten davon!

Ballkleid, Smoking oder T-Shirt
Eine der schwierigsten Fragen: Was zieh' ich bloss an? Kleider und Schuhe sind Quasseltanten. Die Antwort ist in diesem Zusammenhang easy: Ziehen Sie sich der Branche und Stelle entsprechend lieber etwas zu gut als etwas zu schlecht an. Sie bezeugen damit Respekt vor Gesprächspartnern und Anlass. Bleiben Sie einfach möglichst normal! Damit riskieren Sie am wenigsten! Ein paar Beispiele, wie man's nicht macht:
Eine edle Dame stellte sich bei uns als Personalberaterin vor. Sie wusste von uns, dass wir partout keine Nadelstreifen-Consultants sind. Beim offiziellen Vorstellungsgespräch erschien sie jedoch in einem hautengen, knallroten Einteiler, war mit unsäglich viel Goldschmuck behängt, war ziemlich überschminkt und sah prachtvoll aus wie ein Pfau. Aber das war dann auch schon das Ende der Prächtigkeit: Völlig overdressed für uns, völlig richtig für eine Stelle in der Mode- oder Schmuckbranche, aber nicht für uns.
Eine Direktionsassistentin lief in einem ledernen Minirock und einem bauchfreien Top ein. Ich konnte das kurze Interview kaum führen – Konzentrationsschwäche. Aber sie hatte da etwas völlig falsch verstanden.

Ein Programmierer erschien in Frack mit Foulard im Brust-täschli, quietschgelber Fliege und viel Brillantine im Haar – morgens um halb neun. Gütiger Himmel, war der schön! Aber ich konnt' ihn nicht brauchen. Völlig unpassend. Ich kenn' eh keine Branche, wo so was passend wäre. Sie vielleicht?

Ein anderer Informatiker kam als Cowboy daher und sah aus wie Lederstrumpf. Ich lud ihn ein zum Büffeljagen, aber er fand das gar nicht lustig und ging ohne den Job, dafür mit zornigem Grimm von dannen.

Deutliches Anklopfen, aufrechtes Eintreten (auf dem Teppich), Blickkontakt, ein paar freundliche Worte, Smalltalk, Natürlichkeit, das kommt am besten an. Deshalb kurz vor dem Eintreten: Rücken gerade, Schultern zurück, Lungen füllen, drei Mal Durchatmen, Kopf hoch, Blick in die rosigen Berge und die ebensolche Zukunft. Dann fühlen Sie sich wie Louis Trenker, strahlen wie ein geflügeltes Honigkuchenpferdl und haben beste Chancen auf den perfekten primacy effect.

Händedruck
Ich liebe die eiskalten, schlappen, schweissnassen Leichenhändchen, die mir gefühl-, kraft- und leblos in meine herzlich zupackende Hand gelegt werden. Ebenfalls sehr wohltuend ist der Ton, wenn die eigenen Fingerknochen im Schraubstock einer Bodybuilder-Pranke bersten.
Brauchen Sie noch mehr Infos zum Thema Händedruck? Seien Sie einfach normal, aber lieber ein bisschen zu kräftig als ein bisschen zu schlapp. Wer zu schlapp ist, wirkt zaghaft und krank und soll wirklich üben. Handdrücken kann man lernen! Kraft haben ist der Normalzustand, ist Leben, Vitalität, Lust, Gesundheit und deshalb einfach gut.

Smalltalk
Smalltalk – das Reden über Belanglosigkeiten – hatten wir auch schon, dieses Hundebeschnuppern zum Kennenlernen. Lassen Sie sich auf das Spielchen ein: Wetter, Unfälle, Weg, Verkehrslage, Bilder an der Wand. Themen von bodenloser Bedeutungslosigkeit gibts dafür mehr als genug. Lassen Sie sich jedoch ja nicht zu weit auf die Äste hinaus, weil das Plappern doch so schön ist:

“Wenn wir's grad vom Stau am Gotthard haben, meine Gartenzwerge hatten mal Masern, und da bin ich in den Laden am Eigerplatz, Sie kennen den, da wo's immer so Sonderangebote gibt, da kenn' ich ja den Chef seeehr gut, dem seine Kinder spielen manchmal mit meinen, das eine heisst Käthy, und die hat doch glatt meinem Sohn mal im Sandkasten die Schaufel über den Kopf gehauen, so eine blaue ist das, wunderschön, Erbstück...”

Wieder einer war eigentlich ganz OK, aber er hatte doch tatsächlich so schwarz-weisse Lackschuhe an, wie damals Al Capone. Und die Beule in der Jacke kam von der Kanone. Schlimm! Das muss doch nicht sein!
Die Beispiele sind nicht erfunden, nur etwas salopp formuliert, damit Sie's merken: Heben Sie sich Ihre persönlichen Extravaganzen für andere Anlässe auf! Lassen Sie die Krawatte mit der Mickey-Mouse zu Hause. So auch den Smoking, den Minimini-Rock, den Nerz-Mantel, die Latexkleidung und das Abendkleid. Sie kennen doch Ihre Branche, Ihren Job. Sie spüren doch genau, was drinliegt, was chic ist ohne overkill und was unnötiger Ausdruck Ihrer ach so bedeutenden Individualität ist, die hier aber einfach nichts zu suchen hat.

Seien Sie ehrlich mit sich und liebäugeln Sie in diesem Geschäft einfach mal mit der Durchschnittlichkeit. Die bewährt sich am besten. Ich garantier's Ihnen. Wenn Sie mit Ihren Extravaganzen Personalmenschen in ihrem biederen Geschmack stören, dann ist das kein Beweis für deren Spiessigkeit und Intoleranz, sondern nur für Ihr fehlendes Gespür, was wohin passt und was nicht. Im Zweifelsfall fragen Sie Ihre Freunde.

Accessoires
Was dürfen Sie wohl alles mitnehmen und an sich dranhängen, jajaja, schwierige Frage:

Angezeigt ist eine Mappe mit Unterlagen, ein Block und Schreibzeug auf dem Tisch. Unromantisch, aber trotzdem wahr. Das wirkt interessiert, konzentriert und professionell, kann aber auch unsicher wirken, wenn Sie die ganze Zeit an Ihren Sachen rumfingern und jedes Wörtchen aufschreiben. Also Vorsicht damit! Lassen Sie Block, Kuli und Mappe los. Nichts ist schlimmer, als die ständige nervöse Zurechtrückerei derselben. Oder das üble Knipsen mit dem Kuli – alter Hut.

Andere Accessoires sind heikel, denn sie senden Botschaften aus, über die Sie nicht verfügen. Dezent ist immer besser als aufgeblasen. Investieren Sie in die Wirkung Ihrer Person, nicht in den Klimbim, den Sie an sich hängen. Ich hoffe, Sie spüren, was ich meine: Beachten Sie die Botschaften, die Sie mit 24-Karat am Hals aussenden, mit Goldrolex, gelber Fliege, Krokodilleder-Täschli, Seidenfoulard, Männerhandtäschchen, güldener Gürtelschnalle, Netzstrümpfen oder Piercing in der Zunge etc. etc. Die Dinge reden sehr laut! Und Sie haben keine Ahnung und keinen Einfluss darauf, wie's drüben ankommt. Wenn Sie die Botschaften nützlich finden, dann senden Sie sie. Wenn Sie auch nur ein bisschen zweifeln, dann verzichten Sie darauf!

Anklopfen und Eintreten
Schon beim Eintreten zeigen Sie, wie Sie sich fühlen – primacy effect – kennen Sie ja. Aber übertreiben Sie ja nicht im Sinne von: Da flog die Tür auf und der Vollstrecker betrat den Raum... Nein, nein, so nicht. Der Auftritt als Poltergeist und Handabquetscher mit dem Übernahmeangebot, das ist nicht die beste Masche. Zaghaft klöpfeln, schweissnass unter dem Teppich reinkriechen, Blick in den Boden bohren, stolpern und sich neben den Stuhl setzen etc. – auch das wirkt nicht überzeugend.

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